Eines verbindet uns Satanisten: aus irgendeinem Grund haben wir über Satanismus recherchiert und beim Lesen der satanischen Bibel erkannt „Das bin ja ich“.
Wie es dazu kam ist sehr unterschiedlich. Hier ist meine Geschichte.
Der Mitschüler
Als ich 2013 nach Ravensburg zog kam ich in eine Klasse mit wenigen Schülern,die verschiedener nicht sein konnten: Einer lachte buchstäblich permanent, einer war sportlich, einer war technikbegeistert, eine war Paganistin, einer nannte sich Satanist.
Dieser Satanist war ein Klischee: schwarz gekleidet, Lederjacke, Metalfan. Nur Piercings oder Tattoos trug er keine. Alle wussten, dass er sich Satanist nannte.
Ich schenkte dieser Tatsache, dass er sich Satanist nannte, wenig Beachtung. Der Satanismus schien für ihn ohnehin nur eine Spielerei zu sein. Einmal brachte er sogar Weihrauch mit in die Klasse und zündete es an.
Meine Erkenntnis: „Ich weiß nichts“
Eines Tages (wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2014) saßen wir im Biologie-Unterricht. Wir haben über etwas Bestimmtes geredet, ich erinnere mich allerdings nur wie ich zu diesem Mitschüler sagte: „Du bist Satanist, das ist schlimm genug“. Einfach so. In diesem Moment als ich zum ersten Mal auf seine Religion eingegangen bin fiel mir auf, dass ich eigentlich kein Recht gehabt hätte das zu sagen. Denn ich wusste gar nichts über Satanisten. Ich wusste nicht woran er glaubte. Also recherchierte ich im Internet.
Eine Phase?
Es gibt eine Erfahrung, die in unseren Kreisen üblich ist. Und so war es auch bei mir:
Ich erkannte mich selbst als Satanistin.
Kein echter Satanist nennt sich so, bevor er sich selbst während der Recherchen im Satanismus wiederfindet.
Mein Interesse war so groß, dass ich das Internet lange durchforstete, um möglichst viel darüber zu lesen. Das einzige was ich an Literatur dazu las, war allerdings nur ein recht kleines Buch, das in der Bibliothek zu finden war.
Allerdings habe ich mich noch nicht als Satanistin bezeichnet. Aus einem einfachen Grund: Als 16-Jährige in der Pubertät war es möglich, dass dies nur eine Phase sein würde. In meinem Kopf schwirrte herum, dass es sein könnte, dass ich mir etwas einrede, um mich besser zu fühlen, dass ich meine Religion nach außen tragen wollen würde, um mich krass zu fühlen. Und nicht zuletzt, dass es peinlich wäre, wenn ich aus der Phase rauskäme und offensichtlich wird, dass es nur Show war.
Das Thema sprach mich an. Aber als ich mit den Recherchen fertig war, ließ ich es auf sich beruhen. Mir etwas vorzuspielen kam nicht in Frage.
Patriotismus und Geschwurbel
Ich habe mich in Ravensburg nicht wohlgefühlt, da stellte sich ein gewisser Patriotismus zu meiner Heimat Bayern ein.
Im Übrigen kehrte ich in der Zwischenzeit in meine Heimat zurück .
Wo kann man sich schneller und einfacher über seine Gesinnung austauschen als im Internet? Richtig, nirgendwo. Also trat ich einigen entsprechenden Facebook-Gruppen bei. Eine dieser Gruppen war dabei besonders aktiv.
Manche haben auf hohem Niveau geschwurbelt. Niemand gebot ihnen Einhalt. So musste man natürlich den Eindruck gewinnen, dass die Verbreitung solcher Theorien legitim sei. Die aktivsten Schwurbler wirkten auch ziemlich harmlos, spirituell und naturverbunden. Ihre Argumente klangen logisch. Also glaubte ich ihnen. Und manche Verschwörungstheorien waren auch einfach bequem. Also nahm ich sie einfach an. Ich war damit auch nicht alleine. Viele stimmten ihren Meinungen zu.
Irgendwann haben sie angefangen über Indigokinder zu sprechen. Diese waren angeblich etwas ganz Besonderes. Ich recherchierte was ein Indigokind ist und hoffte, dass ich auch eines sei und etwas Besonderes wäre. Jeder will doch etwas Besonderes sein. Dabei stellte ich irgendwann fest, dass ich versuchte diese Indigokind-Eigenschaften irgendwie in mich reinzuboxen. Ich musste es einsehen. Ich war einfach keins.
Es war schon recht schmeichelhaft, als mich eines der Schwurbler ein Indigokind nannte. Aber dadurch bekam ich auch erste echte Bedenken, was ihre Urteilsfähigkeit angeht.
Satanische Eliten?
Überraschenderweise dauerte es lange, bis über satanische Eliten gesprochen wurde. Ich sagte direkt, dass ich ausgiebig recherchiert hatte und das mit den satanischen Eliten Unsinn ist. Sie sagten mir, was sie so oft sagten: „Wach auf!“ In diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass ich als Satanist betroffen war. Es ging mir etwas an.
Das war der Auslöser, dass ich mich so viel mehr mit dem Thema auseinandersetzen wollte und kaufte die satanische Bibel und andere, ergänzende Literatur. Das bekräftigte meine satanische Gesinnung. Inzwischen waren ca. 4 Jahre seit der ersten Recherche vergangen. Eine Phase war es offenbar nicht, daher bezeichne ich mich seitdem als Satanistin.
Eine Rechnung, die den Kauf der satanischen Bibel belegt, erlaubte es mir im Nachhinein genau zu datieren, seit wann ich mich als Satanistin bezeichne.
Im September 2018 habe ich die Philosophie endgültig für mich angenommen.
